Seite:Loehr Buch der Maehrchen 2.pdf/299

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im Lande, denn sie war Herzogin und unermeßlich reich. Bei dem Könige, der ein wenig geitzig war, galt sie um ihres Reichthums willen so viel wie eine Königin, bei allen andern Menschen galt sie für nichts, als für eine garstige Kröte, der man so weit auswich, als man immer nur konnte.

Weil sie eine Herzogin war, und obendrein so reich, daß sie sich wohl zwei Königreiche hätte kaufen können, wären sie nur feil gewesen, so war sie auch in ihren Gedanken unendlich weise und von bezaubernder Schönheit. Ihre Diener und Dienerinnen sagten ihr das auch ins Angesicht, und sie nahm es ohne Erröthen an, weil sie wußte, daß es wahr sei. Aber bei aller ihrer Weisheit und Schönheit war sie dennoch nicht glücklich am Königshofe, denn sie konnte Violen nicht leiden, weil diese Jedermann für liebenswürdig hielt. „Wie kann nur ein Mensch, sagte sie, das kleine Murmelthier für liebenswürdig halten? Wenn mir mein Spiegel nicht schmeichelt, bin ich gewiß doch viel hübscher.“ Ei ja freilich war sie das, die feuerrothen Haare, wie flammend! das Plunschgesicht, wie lieblich! Die sanften Augen, mit den triefenden Thränen, wie gefühlvoll! Das weite Maul so voll Platz für viel holdseliger Rede!

Aber was half das? – Genug, sie hielt sich für sehr gekränkt durch Violens Schönheit, die aller Welt gefiel, zog vom Hofe fort, und begab sich auf eines ihrer Schlößer.

Nach einigen Jahren starb Violas Mutter, und die Tochter beweinte den Todt derselben mit kindlichen Thränen sehr lange Zeit, und auch der König betrübte sich lange Zeit sehr.

„Aber wer kann denn immer betrübt sein? dachte der König. Die Betrübniß ist ein langweilig Ding.“ Nun hätte er zwar Feste und Hofbälle und Spiele können anbefehlen, aber