Seite:Loehr Buch der Maehrchen 2.pdf/330

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seht, so verfahrt dann am andern Tage, wie ich Euch gelehrt habe.“

Am andern Tage kam gegen Abendzeit der ganze Hofstaat der Königin, um auf einem prächtigen Pferde den armen Beder abzuholen. Das Volk bewunderte laut die Schönheit des vorbeiziehenden und fluchte heimlich der Zauberin, deren Opfer er werden sollte.

In aller Ueppigkeit und Schwelgerei verlebte Beder neun und dreißig Tage im Palaste der Königin. Gegen ihre Liebkosungen verhielt er sich freundlich und gefällig, aber sie blieben ihm verdächtig. Jeder Tag brachte neue Feste, aber er ließ nicht seine Sinne berauschen. Er aß und trank, er sang und tanzte mit, aber er hielt sich nüchtern und verständig und darum tugendhaft und rein im Herzen.

Als die bedenkliche Nacht kam, sahe Beder durch das Tapetenloch des Kabinets. Die Königin stand vor einem Kästchen, aus welchem sie eine Büchse mit gelben Pulver hervorholte. Sie streuete einen feinen Strich von dem Pulver queer über das Zimmer. Daraus entstand ein Bach mit klaren Waßer. Sie schöpfte aus diesem Bach, knetete unter Hermurmeln geheimnißvoller Worte, Mehl damit in einem Gefäße, that noch aus verschiedenen Büchsen dazu, und backte von dem Teige einen Kuchen auf Kohlen. Der Bach verschwand auf ein Paar Worte, der Kuchen war gebacken, die Königin legte sich wieder ins Bette und Beder schlich in sein Schlafzimmer zurück. – Grade war Mitternacht vorbei und die Hähne kräheten zum erstenmal.

Als beide am andern Tage zusammenaßen, brachte die Königin den Zauberkuchen, den sie als ein Meisterstück ihrer Backkunst rühmte und nöthigte ihn denselben zu versuchen. Er schien willig