Seite:Loehr Buch der Maehrchen 2.pdf/341

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Wiege des Kindes, küßte Mutter und Kind auf die Stirne und ging.

Alle wären gern laut geworden und hätten sich ihre Gedanken und Bemerkungen über das elende Geschenk mitgetheilt, aber weil die Aeltern des Kindes schwiegen, konnten sie nur unter einander flüstern. Der Ritter Wackerbart hätte das Geheimniß von der fremden Pathe seiner Hausfrau gern abgelistet, aber sein gegebenes Ritter- und Ehrenwort hielt ihn ab zu fragen, und sie konnte schweigen. Der Bisamapfel ward in ihrem Schatzkästlein sorgfältig verwahrt.

Ehe noch Mathilde ohne Hülfe gehen konnte, starb ihre Mutter, eben als ihr Gemahl auf einem Zuge abwesend war. Als dieser wiederkehrte, stieß der Zwerg in sein Horn, aber es waren traurige Töne, die er blies. „Das weißagt Unglück!“ rief der Ritter, und als er in den Schloßhof hineinsprengte, war, nach damaliger Sitte, eine Laterne ohne Licht, an welcher ein schwarzer Flor flatterte, vor der Hausthür ausgestellt und die Fensterladen waren verschloßen. Das waren die Leichenzeichen. Und als der Ritter eintrat, da lag die fromme treue Hausfrau auf der Bahre mit Blumen geschmückt; die ältern Töchter, in Flor gehüllt, weinend zu ihren Häupten, die kleine Mathilde mit Blumen spielend zu den Füßen.

Da brach dem Ritter das Herz und er jammerte laut und trug Leid um sie in tiefer Einsamkeit und Stille. Das aber konnte bei ihm nicht lange dauern, denn auf Zügen und Fahrten zu sein, war seine andere Natur geworden.

Bald brachte er eine Gemahlin wieder ins Haus, die war gar andern Sinnes als die Entschlafene. Mit ihr ging ein prächtig verschwenderisch Leben mit Banketen und Lustgelagen,