Seite:Loehr Buch der Maehrchen 2.pdf/356

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Leib des Kindes umschlungen und die Enden der Kette an ihrem Arm befestigt hatte. – Ein Gelenk der Kette war mit scharfer Scheere durchschnitten.

Die Amme erhob ein Jammergeschrei, das überall im Schloße wiederhallte. Konrad eilte herbei und als er das Unglück hörte, zuckte er sein Schwerdt und wollte die Amme tödten.

„Du schändlicher Satan, brüllte der wüthende Ritter, gebot ich dir nicht zu wachen?“

Da fiel das Weib nieder und stöhnte: „O, ich habe gewacht! Ach, hätt ich es nicht! so hätt ich die gräßliche That nicht gesehen! Bringt mich nur um, damit ich nur das grausende Andenken los werde. O! aus Barmherzigkeit bringet mich um!“

„Was? was hast du gesehen? sagte der erschrockene Graf. Bekenne frei, oder ich laße dich foltern!“ Die Amme weigerte sich und sagte: „Laßet mich lieber tödten; es ist beßer für Euch und für mich!“

Da wollte der Graf nur um so eher das furchtbare Geheimniß wißen, nahm das Weib in sein Gemach und mit Drohungen und Verheißungen brachte er Alles heraus.

„Euer Gemahl, sagte das Weib, ist eine gräßliche Zauberin, und hat die Kindlein mit einer scharf geschliffenen Demantnadel durchs Herz gestochen, da sie dachte, ich schliefe, und hat aus den Knöchlein der Kleinen und aus Kräutern einen Trank wollen bereiten, daß sie immer schön bleibe und immer Eure Liebe behalte; denn, Herr, Euch liebt sie über alle maaßen! „Komm, du lieber Kleiner, sagte sie zu dem zweiten, und drückte ihn dazu an ihr Herz und küßte ihn; „komm, du sollst zu deinem Brüderlein gehen; und wenn noch ein Brüderlein kommt, das send ich dir auch nach, denn aus Dreien kann ich den Zaubertrank der Schönheit und Liebe bereiten.“