Seite:Loehr Buch der Maehrchen 2.pdf/358

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nahm ihre letzte Kraft zusammen, hob ihn vom Fußboden auf und mit den Worten: „O Pathe, kannst du, so hilf mir von dem Tode der Schande!“ öffnete sie ihn.

Da quoll ein kühl feuchter Nebel hervor, der die Flammen auslöschte und die Glut verschlang, und aus dem Nebel trat die Pathe hervor, an ihrer Hand Mathildens ältesten Knaben, auf ihrem Arm den Säugling. „Wohl dir, sagte die Pathe, daß du dir einen Wunsch aufspartest; aber wie verderblich konnt es dir werden, daß du das Geheimniß des Apfels offenbartest. Hier sind deine Kinder, die die stolze Mutter deines Gemahls durch die tückische Amme wollte ersäufen laßen, weil sie glaubte, es seien die Kinder einer nichtswürdigen Küchenmagd. Die Amme wollte die Kinder ersäufen, und trug sie glücklicher Weise zu meinem Brunnen.“

Die Pathe erzählte, wie sie die Amme als eine Kindermörderin bei dem Gemahl mit listiger Erfindung verklagt habe, und sagte ihr von der Schachtel, und daß nur Hüner und Taubenknochen in derselben gewesen wären. Hierauf sagte sie: „Dein Gemahl ist nicht mehr fern, und du wirst bald gerechtfertigt an seinem Herzen liegen, und nimmermehr wieder eines Wünschapfels zu deinem Glücke bedürfen.“ Damit verschwand sie.

Die Diener, welche innerhalb des Badegemachs noch Stimmen gehört hatten, wollten das verloschene Feuer wieder anschüren, aber es wollte nicht brennen. Darüber kam der Graf Konrad und fragte bebend: „Lebt sie noch? O öffnet, öffnet!“

Was der Graf im ersten Grimm, der ihm das Nachdenken benahm, anfangs geglaubt hatte, wurde ihm immer mehr zweifelhaft. Er gedachte der Frömmigkeit seiner schönen Gemahlin und fing an sich zu ängsten und die Angst trieb ihn zurück.