Seite:Loehr Buch der Maehrchen 2.pdf/375

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das Mädchen: „Dein Wille möge geschehen; ich bin es zufrieden. So wurde sie denn die Frau des Vogels.

Nach einiger Zeit geschahe es, daß ein dreizehntägiges Fest bei einem Tempel gefeiert wurde, und sich zum Zusehen eine Menge Menschen versammelte, die Vogelfrau auch mit darunter.

Unter den Weibern war sie die Erste, und unter den Männern war Einer, der auf einem Schimmel um die Versammlung herumritt und alles Volk rief: „Der ist der Erste.“

Der Vogel fragte die zurückgekommene Frau: „Welche waren wohl unter den versammelten Männern und Weibern die Ersten?“ Die Frau sprach: „Unter den Männern war es Einer, der auf einem Schimmel herumritt, den ich aber nicht kannte, unter den Weibern aber war ich es selbst wohl.“

Daßelbe geschahe eilf Tage immer wieder. Am zwölften Tage aber saß die Vogelfrau neben einer Alten, die fragte: „Wer wird wohl heute der Erste sein?“ Darauf versetzte sie: „Unter den Männern ist es der auf dem Schimmel, unter den Weibern bin ich es. O, wär ich mit diesem Manne verbunden, aber mein Gemahl ist nur ein Vieh, denn er ist nur ein Vogel.“

So sprach sie weinend. Aber die Alte versetzte: „Sprich nicht dergleichen Worte. Der Reiter auf dem Schimmel ist ja eben dein Gemahl.

Geh morgen nicht in die Versammlung, sondern verbirg dich im Hause, bis dein Gemahl das Vogelhaus verläßt, den Schimmel aus dem Stalle zieht, und in die Versammlung reitet. Verbrenne alsdann das Vogelhaus, so wirst du ihn immer in seiner wahren Gestalt erblicken.