Seite:Loehr Buch der Maehrchen 2.pdf/422

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

an dem nämlichen Tage ihren Verstand verloren, an welchem der Sultan von Kaschmir sich mit ihr hätte vermählen wollen.

Jetzt hatte Firuz einen Fingerzeig und reiste nach der Hauptstadt Kaschmirs, eilte an den Hof des Sultans und ließ sich ihm vorstellen. Er that sehr geheimnißvoll und sagte, obwohl er nur ein Derwisch und kein Arzt sei, habe er doch auf seinen langen Reisen und durch vieles Nachdenken manche wunderkräftige Arzeneien aufgefunden, auf welche die Herren Aerzte nicht zugekommen wären. Verhalte es mit der Krankheit sich also, wie man ihm beschrieben hätte, so wolle er, wenn man ihm in Allem gewähren ließe, seinen Kopf als Pfand für ihre Heilung einsetzen. Er sprach mit so viel Sicherheit, als wär er ein Jahrlang als Marktschreier umhergezogen, und der Sultan faßte großes Vertrauen zu ihm und ließ ihn gewähren.

Der Derwisch betrachtete die Prinzeßin erst von einem höher liegenden Kabinette aus. Er sahe sie, er hörte sie ein trauriges Lied singen, und er wurde überzeugt, daß sie seine vermißte Angebetete und die Krankheit Verstellung sei, und schritt zur Kur.

Als er sich, nachdem sich Jedermann bis aus der geöffneten Thür des Zimmers hatte entfernen müßen, dem Bette der Prinzeßin allzusehr nähern wollte, vergaß sie den Respekt gegen die Derwischkleidung und wollte auf den Herannahenden zu. Er aber fing leise an die erste Strophe eines persischen Liedes zu singen, welches er sie gelehrt hatte. Sie wurde aufmerksam und ließ ihn mit der zweiten Strophe so nahe herankommen, daß er ihren Puls befühlen konnte.

Die Prinzeßin hatte ihn ungeachtet der Verhüllung bald erkannt, und indem er heimliche Worte zu ihr murmelte und seltsame Zeichen dazu machte, gab er ihr nur Anweisung, wie sie zu Werke gehen solle, und auf welche Weise sie sich befreien wollten. Sie