Seite:Loehr Buch der Maehrchen 2.pdf/438

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aufs Herz, wie bekümmert der Vater seinetwegen sein möchte. In der That dachte dieser, der Prinz könnte aus Desperation in alle Welt gegangen sein, oder sich gar ein Leides gethan haben, wie man denn solcher traurigen Exempel auch damals schon viel hatte.

Es wurden Eilboten in alle Gegenden des Reichs gesendet mit Befehlen an die Statthalter, den Prinzen anzuhalten, mit dem nachdenklichen Zusatze, „falls er ankäme.“ Als er nun aber nirgends ankam, so wurde der Vater untröstlich und bat den Vezier mit Thränen Mittel auszusinnen, den Aufenthalt des verlornen Sohnes zu entdecken.

Der Vezier sann und sann, aber vergebens. Aber was er nicht ersann, erklügelte ein Untervezier – das nämlich, daß eine große Wahrsagerin und Zauberin ganz im Verborgenen in der Stadt lebe, ein altes böses Stück Weib, aber in ihrer Kunst klug wie der Fürst der Finsterniß selbst. „Laß sie so böse sein als sie will, sagte der Großvezier, wenn sie uns jetzt nur Rath schafft.“

Die Zauberin mußte kommen, und erhielt große Verheißungen für den Fall, daß sie den Aufenthalt des Prinzen herausbringe. Einen ganzen Tag arbeitete die Zauberin mit aller ihrer Wißenschaft, brachte aber nur so viel heraus, daß der Prinz noch lebe, aber nicht wo? „Es muß, sagte sie, dabei etwas Besonderes obwalten, sonst hätte ich es gewiß ausgefunden.“

Da der Prinz erst wieder an seinen Vater anfing zu denken, so erzählte er auch oft und gern von ihm, aber in seinen Erzählungen herrschte eine gewiße Schwermuth und Sehnsucht, die aus dem Wunsche entstand, den Vater einmal wieder zu sehen – ein Wunsch, welchen laut werden zu laßen er nicht wagte.