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natürlich alle Brummfliegen und ähnliche Tiere, die gegen Zug empfindlich sind und eine Heidenangst vor kalten Füßen haben, sehr, aber darauf nimmt das unverfrorene Tier auch nicht die geringste Rücksicht, zumal sie von anderer Seite in ihrem lästerlichen Gebaren noch unterstützt wird.

Denn wenn es schon Schnee gibt, hüpft im Moose ein Tierchen umher, das zwar nur zwei Millimeter lang oder vielmehr kurz ist, aber derartig abgehärtet ist, daß ein Eisbär dagegen ein Weichling ist. Schneefloh nennt sich dieses Tier wegen seiner Schneebegier, denn mit Vorliebe hüpft es frisch, fromm, fröhlich, frech und froh, zwar ohne Sprungbrett, doch mit einer eigens dazu an seinem Hinterviertel angebrachten Gabel, über den Schnee und veranstaltet, ohne allerdings den geringsten Anspruch auf Berücksichtigung durch die Sportpresse zu machen, die tadellosesten Schiwettläufe mit Hoch- und Weitsprüngen, mit und ohne Schanzen, sogar ohne jubelnde Korona und Ehrenpreise, lediglich aus Freude an gesunder Bewegung und einer unnatürlichen Lust an der Kälte. Noch viel toller treibt es der Gletscherfloh, denn zu einer Zeit, da alle Schutzhütten geschlossen sind, macht er die schwierigsten Hochtouren, ohne die geringste Angst vor Staublawinen und dergleichen zu verraten, und ebenso wie er, macht es der Gletschergast, ein Tierchen, das zu den Orthopteren gehört, also zu den Heuschrecken und Libellen, von Rechts wegen also dann, wenn es anfängt, zu leben, längst tot sein müßte.

Aber was fragt die Natur darnach, wie es eigentlich sein soll; sie macht es wie der Pfarrer Aßmann und amüsiert sich damit, den Menschen, der ihr mit dem Mikroskope und dem Seziermesser auf den Leib rückt, in der scherzhaftesten Weise an der Nase herumzuführen. Hier am Baume kriecht, obgleich wir doch kaum acht Grad in der Sonne haben, eine splitterfasernackte graue Schnecke umher und nimmt ein ausgiebiges Luft- und Sonnenbad. Die Gehäuseschnecken, die doch warm angezogen sind, haben sich schon längst verkrochen, zu allererst

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Hermann Löns: Der zweckmäßige Meyer. Sponholtz, Hannover 1911, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loens_Der_zweckmaessige_Meyer.pdf/105&oldid=- (Version vom 1.8.2018)