Seite:Loens Der zweckmaessige Meyer.pdf/15

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

wetten, daß er eine vollkommene Pleite erleben würde? Daß er bei keiner Spatzenjungfer auch nur für fünf Pfennige Eindruck schinden würde? Daß er sich vielmehr im höchsten Maße lächerlich, wenn nicht sogar in weiteren Kreisen unbeliebt machen würde? Vielleicht für übergeschnappt erklärt und weggebissen, oder gar wegen unspatzigen Auftretens vom Leben zum Tode gebracht würde? Dasselbe würde natürlich eintreten, gäben Nachtigall, Rotkehlchen und Märzdrossel ihren Gefühlen auf spatzenhafte Weise Ausdruck. Wenn der betreffende Nachtigall-, Rotkehlchen und Märzdrosselhahn auch sonst nach jeder Hinsicht ein Prachtexemplar seiner Art wäre, sein Lebelang bliebe er Junggeselle.

Horch, was ist denn das da draußen? „Pink, ping, pink, ping, pink, ping“ geht es. Das ist die Kohlmeise. Dieweil die Sonne so schön scheint, kommt sie jetzt schon auf Frühlingsgedanken und verabsäumt es nicht, ihnen auf ihre Art lauten Ausdruck zu geben. Und was fällt der Krähe denn da auf dem Dachfirste ein? Die stellt sich gerade so an, als ob sie etwas sehr Unbekömmliches gegessen hätte und ihr infolgedessen zum Sterben übel geworden wäre. Der Zweck dieser seltsamen Übung ist nun etwa nicht eine Regelung der Verdauungsverhältnisse, sondern ihr liegt die Absicht zugrunde, dadurch zu näherer Verbindung mit einer gleichgestimmten, aber weiblichen Seele derselben Art zu gelangen, ein Bestreben, das, wie ich bemerke, des Erfolges nicht entbehren wird, denn auf dem anderen Ende des Daches läßt sich soeben eine zweite Krähe nieder, die mit viel Gefühl und Verständnis die schnurrige und nach menschlichen Begriffen keineswegs wohllautende Huldigung entgegenzunehmen geruht.

Wie die Sonne doch schon heizt! Ich muß wahrhaftig das Fenster öffnen. Sieh da, sieh da! Da ist ja auch schon ein Starmatz! Stellt der sich aber blödsinnig an! Plustert die Kehle auf, klappt mit den Flügeln und gibt Töne von sich, die einem durch Mark und Bein gehen, und die, horcht

Empfohlene Zitierweise:
Hermann Löns: Der zweckmäßige Meyer. Sponholtz, Hannover 1911, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loens_Der_zweckmaessige_Meyer.pdf/15&oldid=- (Version vom 1.8.2018)