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Amalie.

Den Sommer über kümmern wir uns nicht um sie; es sind dann so viele ihresgleichen da, so viele, daß wir froh wären, wenn sie nicht da wären.

Zieht aber der Spätherbst über das Land, brennt die Lampe schon früh am Abend, bullert der Ofen und pfeift draußen der Wind, so heißt es auf einmal bei uns: „Sieh da, da ist ja Amalie wieder!“

Alles freut sich dann. Jeder beobachtete sie, jeder findet bekannte oder neue Züge bei ihr. Im vorigen Winter war sie viel scheuer und wurde erst nach und nach zutraulich; in diesem Jahr ist sie beinahe zudringlich.

Kaum daß wir uns zum Essen hinsetzen, so ist sie auch schon da. Das heißt, zum ersten Frühstück erscheint sie fast niemals, höchstens Sonntags, weil wir dann nicht eher aufstehen, als bis das Eßzimmer hübsch warm ist. Sonntags frühstückt Amalie immer mit uns.

Alltags niemals. Es ist ihr dann noch zu kalt im Zimmer und so schläft sie bis zum zweiten Frühstück, manchmal sogar bis zum Mittagbrot. Dann aber ist sie stets da. Sie kommt ungebeten. Wenn von der Küche her die Stimme aus dem Sprachrohr schallt: „Zum Essen heran, zum Essen!“ sofort ist Amalie da. Und ebenso pünktlich stellt sie sich zum Kaffee und zum Abendbrot ein.

Sie gehört förmlich zur Familie, unsere Amalie. Wir haben uns so sehr an sie gewöhnt, daß wir nicht früher mit dem Essen beginnen, bis daß sie da ist. Es kommt ab und

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Hermann Löns: Der zweckmäßige Meyer. Sponholtz, Hannover 1911, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loens_Der_zweckmaessige_Meyer.pdf/151&oldid=- (Version vom 1.8.2018)