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Der alte Herr und der junge Mann.

Nach dem Kalender dauert die Herrschaft des Winters bis zum einundzwanzigsten März; das bekommt er alle Jahr schwarz auf weiß.

In Wirklichkeit liegt die Sache aber anders, denn schon von Ende Februar ab hetzt der Frühling im Lande herum und macht die Leute unzufrieden mit den bestehenden Zuständen.

Das merkt der Winter, wie er, bis an den Hals in seinen dicken, gut spießbürgerlichen dunklen Überzieher geknöpft, auf dem Bürgersteige an der Schattenseite der Straße entlang geht, ruhig und besonnen, wie es seine Art ist.

„Autsch!“ sagt er und macht einen mißlungenen Versuch, seine rechte große Zehe nebst darüber befindlicher Schaftstiefelspitze in den Mund zu stecken, denn ein schwefelgelb, blitzblau, donnergrün und feuerrot geringelter Pinndopp, einer der ausgewachsensten Vertreter seiner Art, einer mit einer tüchtigen Eisenpinne, ist gegen des Winters gefühlvollstes Krähenauge geflogen.

Wütend sieht der alte Herr den dickbäckigen Jungen an, der ihm vor die Füße baselt und seinen Pinndopp mit laut klatschenden Peitschenhieben auf den Schwung bringt, ohne sich viel um den stechendkalten Blick des würdigen Mannes zu kümmern.

Auf dem gegenüberliegenden Bürgersteige, der in der vollen Sonne liegt, steht ein hübscher junger Mann, der einen fußfreien Hut, einen Kragen mit Rückantwort, einen symbolistischen Frühlingsmantel und sezessionistische Hosen trägt.

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Hermann Löns: Der zweckmäßige Meyer. Sponholtz, Hannover 1911, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loens_Der_zweckmaessige_Meyer.pdf/38&oldid=- (Version vom 1.8.2018)