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Systematik der Schuljungens zerfällt er ebenfalls in zwei Linien, die aber Müller und Schuster genannt werden.

Die Schuster sind oben braun. Sie haben keinen großen Handelswert, denn bei günstiger Konjunktur bekommt man für einen Hosenknopf schon ein Dutzend, während ein Müller, der oben weiß ist, Liebhaberpreise bis zu einem Dutzend erzielt.

Es gibt nicht jedes Jahr viele Maikäfer. Oft gibt es drei Jahre lang keine, im vierten aber so viel, daß der Ausfall der schlechten Jahre reichlich wieder wett gemacht wird. Solche Jahre nennt man Flugjahre, obgleich es eigentlich Fluchjahre heißen muß, denn alle Leute, die sich aus Maikäfern nichts machen, führen dann unchristliche Reden, weil die Maikäfer die Bäume kahl fressen.

Das ist ungerecht; auch ein Maikäfer hat Hunger. Und da das Laub im Herbst doch abfällt, so kann man es ihm schon gönnen, zumal er es versteht, die Blätter in allerliebster Art auszuzacken. Jedenfalls ist es besser, der Maikäfer frißt Blätter, als daß er, wie die Mücken, nach unserem Herzblute lechzt.

Die Larve des Maikäfers lebt in der Erde, der Maikäfer selbst dagegen in Zigarrenkästen und Botanisiertrommeln. Er ist sehr intelligent, läßt sich leicht zähmen und zum Ziehen von kleinen, aus Streichholzschachteln gemachten Wagen abrichten. Dagegen ist alle Mühe, ihm das Reden beizubringen, bisher umsonst gewesen.

Der Maikäfer besitzt zwei Augen, die einen eigentümlichen starren Blick haben, und zwei Fühler, die bei den Weibchen klein, bei den Männchen doppelt so groß sind. Wenn der Maikäfermann guter Laune ist, breitet er seine Fühler auseinander, so daß sie wie kleine rotbraune Fächer aussehen.

Wenn der Maikäfer fliegen soll, braucht man ihm nur ein Lied vorzusingen: „Maikäfer flieg’!“ Das hat er so oft

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Hermann Löns: Der zweckmäßige Meyer. Sponholtz, Hannover 1911, Seite 42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loens_Der_zweckmaessige_Meyer.pdf/48&oldid=- (Version vom 1.8.2018)