Seite:Loens Der zweckmaessige Meyer.pdf/68

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

einen kalten Blick zu und gehe weiter. Aber da stehen Pechnelken, an deren Leimringen halbtote Ameisen zappeln, und hier murkst das Gaisblatt eine junge Buche ab, und dort schwindelt der Efeu den anderen Sträuchern vor, wenn er nicht die Eiche hielte, so stände sie nicht so stolz da. Es ist einfach nicht zum Ansehen, diese Wirtschaft hier!

Darum pilgere ich dem Moore zu; da wird doch ein anständigerer Geschäftsbetrieb herrschen. Ja Kuchen! Hier das weiche, schleimige, schwache Torfmoos erstickt und ersäuft die Kiefern und die Birken, der Sonnenlau meuchelt mit seinen klebrigen Blättern, was in der Luft schwirrt und flirrt, und der Wasserschlauch lockt allerlei kleines Getier in seine unheimlichen Reusen und füttert sich damit dick und fett. Und dabei hat der Sonnenlau so süße Silberblüten und die goldenen Wasserschlauchblumen sind von entzückender Offenherzigkeit. Der Teufel hole euch alle miteinander! Ich werde fortan nur mit den ganz Kleinen und den ganz Großen von euch verkehren.

Ich grüße euch mit dem Hute in der Hand, ihr stolzen, hochschäftigen Buchen dort oben, und dich, knorrige Eiche, deren Äste die Sprache der Runen raunen, dich auch, schlanke Birke mit dem seidenumsponnenen Stamme, und dich, Ahorn, du seltsam gelaunter Baum! Bei euch ist Kraft, Selbständigkeit und Ehrlichkeit. Ein verlegnes Rauschen geht durch die Wipfel, die in der Abendsonne erröten. Und? Stimmt es auch hier nicht? Habt auch ihr ein schlechtes Gewissen? Ach ja, ich vergaß es ganz, daß ihr hilflos und verlassen wäret, hungrig und mager, und krumm und klein, wäre das Pilzgeflecht nicht da, das farblose, unsichtbare, weiche und wässrige, das dem verrottenden Laube die Nährstoffe entzieht und euch übermittelt, und allerlei Spaltpilze und Amöben. Ich werde euch immer lieben, aber mit meiner Hochachtung ist es vorbei, und fortan grüße ich euch nicht mehr mit dem Hute in der Hand, sondern nicke euch mit spöttischem Lächeln zu.

Empfohlene Zitierweise:
Hermann Löns: Der zweckmäßige Meyer. Sponholtz, Hannover 1911, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loens_Der_zweckmaessige_Meyer.pdf/68&oldid=- (Version vom 1.8.2018)