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zu Hause, wo es ein Geschäft gibt. Drei Monate jobbert er bei uns herum, und dann auf einmal stürzt sich die ganze Bande in den Orientexpreß und fährt glatt durch bis Spanien, erledigt da dringende Geschäfte und rutscht dann weiter bis nach Marokko, macht große Gesellschaftsreisen nach den Oasen der Sahara, spekuliert natürlich nebenbei in Allerhand, klappert Ägyptens Sehenswürdigkeiten ab, sieht zu, was im Sudan oder am Kilimandscharo zu machen ist, besucht die Mittelmeerinseln, Griechenland, die Türkei, Armenien und Persien, und wenn es Mai werden will, eine Tatsache, die er sich wahrscheinlich als dringendes Telegramm melden läßt, wupp, ist er wieder in Spanien und macht, daß er nach Deutschland kommt, sorgt dafür, daß sein Geschlecht nicht ausstirbt und ist drei Monate später schon wieder heidi fort, um die notwendig gewordene Kur anzutreten.

Denn einmal hat er es, was ja bei solcher Lebensweise kein Wunder ist, mit den Nerven zu tun, und dann leidet er stark an Läusen. Nicht an den harmlosen Federläusen, wie andere Vögel, sondern an den gräulichen Lausfliegen, wie sie die Hirsche und Rehe und Elche peinigen, einem widerwärtigen großen, platten, wie aus braunem Zelluloid angefertigtem Geschmeiße, das beinahe so technisch abstrakt aussieht, wie er selber, und gerade so aufdringlich und so zäh ist, wie er auch, denn gleich und gleich gesellt sich gern. Und von Wanzen wird er auch gepisakt, richtigen Bettwanzen, wie sie in den Häusern der großen Städte leben. Da aber Wanzen Blut saugen, darum muß er, so unwahrscheinlich das auch klingt, ebenfalls solches besitzen, und deswegen wird er doch wohl zu den Vögeln gehören, und nicht mit den Aeroplanen verwandt sein. Aber wahrscheinlich stammt er von entarteten Schwalben ab, die sich der Großstadt anpaßten, sich, weil so etwas in dem Ruß und Rauch keinen Wert hat, die schönen roten und weißen Schmuckflecke abgewöhnten und statt in vornehmes Blau, in Stoffe kleideten, auf denen man keinen Schmutz sieht, und sich

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Hermann Löns: Der zweckmäßige Meyer. Sponholtz, Hannover 1911, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loens_Der_zweckmaessige_Meyer.pdf/75&oldid=- (Version vom 1.8.2018)