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kaufen. Warum sollte er das nicht? Das war sogar seine pflicht. Es gibt leute, die noch nach dem ancien régime gravitieren. Allerdings, sagen sie, habe ich jetzt das recht, mich wie der prinz von Wales anzuziehen. Aber ich bin kein königssohn. Ich bin nur ein einfacher bürgersmann. Nein, lieber bürgersmann, du hast nicht nur das recht, sondern du hast auch die pflicht, dich wie der prinz von Wales anzuziehen. Gedenke, daß du ein enkel bist. Dein urgroßvater und dein vater haben gekämpft, vielleicht ihr blut vergossen. Ein könig und die tochter einer kaiserin mußten ihr haupt für diese idee auf das schafott legen. Nun ist es an dir, von dem erkämpften den richtigen gebrauch zu machen.

Wie sich der prinz anzog, hatte unser bürgertum bald heraus. Denn kleider nützen sich ab, und wenn die alten unbrauchbar sind, bestellt man neue. Da war es nun ein leichtes, zu demselben schneider zu gehen und ihm zu sagen: repete! Anders war es aber mit dem wohnen. Der hochadel und das königtum besaßen einen solchen überfluß an alten möbeln, daß sie auf lange zeit, auf jahrhunderte hinaus, versorgt waren. Wozu sollte man auch aus purer neuerungssucht das geld zum fenster hinauswerfen? Im gegenteil, man freute sich des alten besitzes, durch den man sich von dem reich gewordenen bürgertum distinguierte. Denn das hatte damals, als man noch das heft in der hand hielt, nicht die mittel, sich derartiges anzuschaffen. Unbewohnte festräume, also richtige möbelmagazine, hatte es nicht. Der bürger brauchte seine möbel auf. Wollte er sich nun wieder mit denselben sachen umgeben, so war er gezwungen, kopien davon anfertigen zu lassen.

Das ist kein fehler. Es mag parvenümäßig sein, aber

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Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 123. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/122&oldid=- (Version vom 1.8.2018)