nicht wenig stolz. Nun frage ich: Warum um alles in der welt bekommen wir nervenanfälle, wenn es sich um englische räume handelt? Was ists mit den engländern? Warum machen wir bei ihnen eine ausnahme?
Das zimmer von J. W. Müller ist aber auch in anderer beziehung sehr bemerkenswert. Es zeigt uns, daß man mit billigen mitteln neue und originelle wirkungen erzielen kann. Reiche arbeit ist gewiß eine sehr gute sache. Man vergesse aber nicht, daß unsere kunstgewerbetreibenden nicht nur für millionäre, sondern auch für alle anderen zu sorgen haben. Einfache möbel wurden ja in den letzten jahrzehnten auch von unseren ersten firmen hergestellt. Nur stellte man sie nie aus und tat so, als ob man sich ihrer schäme. Und als hofrat von Scala in der weihnachtsausstellung auch einfache möbel zur schau stellte, da ging ein sturm der entrüstung durch unsere gewerbewelt. Es wäre aber besser, wenn diese mit dem mittelstande mehr fühlung nehmen würde als bisher. Dann würde sie am besten ihren gefährlichsten feind bekämpfen können, die imitation. Denn nicht der glaserer, der glatte, farblose fenster einschneidet, ist der feind des glasmalers, sondern der diaphanpapierfabrikant; nicht der tischler, der glatte möbel erzeugt, ist der feind des holzbildhauers, sondern der sägespäne- und leimornamentenpresser.
Sandor Jarays englisches zimmer ist nicht englisch. Ein persischer teppich in einem zimmer macht es noch nicht zu einem persischen. Ein japanischer paravent und einige dazugehörige nippes machen ein zimmer noch nicht japanisch. Eine dame von altem englischen adel, die ich in die Jaray-exposition führte, erkannte sofort sämtliche stilperioden. „This is Louis XVI., this italian,
Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/127&oldid=- (Version vom 1.8.2018)