wurde, wo sie unbedingt notwendig war, etwa in den gesichtern. Aber das „Dornröschen“ ist unverzeihlich. Die gemalte rosenhecke ist ein schlag gegen jede ehrliche glaserarbeit; mit welcher freude würde ein glastechniker diese gelegenheit ergriffen haben, seine kunst an den rosen zu zeigen! Jedes rosenblatt ein anderer glasfluß! Die rosen schreien nach der amerikanischen technik, um so mehr, als diese daneben an weniger wichtigen punkten gezeigt wird. Daher wirkt das fenster so unharmonisch. Nachahmenswert scheint mir der versuch, das mittelfenster frei zu lassen für den ungestörten ausblick ins freie. Alles in allem zeigen die Leflerschen arbeiten ein frisches drauflosgehen und ein entschiedenes talent, sich neuen techniken unterzuordnen.
Das kann man von den übrigen arbeiten nicht behaupten. Die imitierten intarsien in der wandvertäfelung und die banale tapeziererarbeit des plafonds lassen auf einen mangel an wahrer vornehmheit schließen. Ein prächtiger holzschrank wird durch künstlich patinierte bronzereliefs verdorben, die, wenn sie echt wären, der reinlichkeit ihres besitzers kein gutes zeugnis ausstellen würden. Man bedenke, daß sich die grüne patina auf den bronzegegenständen durch das jahrtausendelange liegen in der feuchten erde gebildet hat, daß sie aber vollständig fehlte, solange die gegenstände noch im gebrauche waren. Von unseren modernen konnte man doch erwarten, daß sie diesem schwindel entgegentreten würden! Über das bordbrett als bekrönung des leicht gearbeiteten sofas habe ich schon eingangs gesprochen. Auch die uhr, auf der man die zeit nicht ablesen kann, ist vertreten. Früher war das des „stilvollen“ zifferblattes wegen unmöglich, jetzt, weil das zifferblatt viereckig ist.
Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/150&oldid=- (Version vom 1.8.2018)