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Ich halte es aber jedenfalls für zu weit gegangen, daß ich auf den jungen, der seine planeten im prater verkaufte, nur deshalb aufmerksam wurde, weil ich seine geschichte in der einen zeitung unter dem titel: „großstadtpflanze“, in einer anderen gar unter dem titel „verkommene jugend“ zu lesen bekam. Natürlich „gerichtssaalrubrik“. Denn wenn erwachsenen solche sachen auch leider nicht mehr verboten werden können, so kann der staat doch dafür sorge tragen, daß das gift des erwerbsinnes nicht schon die zarte jugend zersetze. Dafür ist doch gott sei dank noch die „häusliche züchtigung“ da. Die mutter hatte diese aber offenbar nicht in genügendem maße angewendet, und darum wurde sie mit fug und recht zu einer woche arrest verurteilt. Wie kommt sie dazu, ihren sohn etwas verdienen zu lassen? Er soll hungern. Das stählt. Das kräftigt. Allerdings nur den charakter.

Und ich beginne nachzudenken und zu träumen. Ganz unsinniges, unmögliches zeug. Ich träume mich fünfzig jahre zurück. Ich sehe einen amerikanischen gerichtstisch und davor eine arme frau mit einem kleinen jungen an der hand. Und die stimme des richters klingt streng: „Sie haben sich schwer gegen das gesetz vergangen. Sie haben ihren sohn Thomas Alva zeitungen verkaufen lassen. Das ist der erste schritt zur moralischen verkommenheit. Ich verurteile sie zu einer woche arrest – frau Edison!“

II

Der planetenjunge hat mir einige zuschriften verschafft. Ob ich denn nicht wisse, daß nur juden die börse besuchen? Gewiß weiß ich das. Und daß nur

Empfohlene Zitierweise:
Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/221&oldid=- (Version vom 1.8.2018)