Seite:Loos Sämtliche Schriften.pdf/225

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Schließlich ist man doch geschäftsmann und trägt nicht nur für sein eigenes wohlergehen die verantwortung, sondern auch für hunderte von existenzen.

Aber auch der käufer eines guten gegenstandes wird seiner nicht froh, wenn er merkt, daß seiner umgebung das verständnis für material und arbeit fehlt. Es ist nicht jedermanns sache, sich als ausbeutungsobjekt verspotten zu lassen. Denn man kauft die gute ware nicht nur seinetwegen, sondern in der hoffnung, daß sie von der umgebung nicht mit ähnlicher schundware verwechselt wird.

Es waren schon glückliche ansätze vorhanden. Ich erinnere nur an die wiener lederindustrie, an die wiener silberschmiedekunst. Man fand es begreiflich, wenn jemand seine lust an gutem material und korrekter arbeit mit geld bezahlte. Man hielt noch niemanden deswegen für einen trottel, weil er bei Würzl mit vierfachem preise bezahlte, was er in einem schundgeschäfte für wenig geld bekam. Da kam die Secession und warf alle guten ansätze über den haufen. Manche gewerbe allerdings wurden von der Secession verschont. Einem glücklichen umstande haben wir es zu verdanken, daß das unterrichtsministerium noch keinen „modernen“ künstler für den wagenbau, die männerkleidung und die schuhmacherei an die kunstgewerbeschule berufen hat. Die leben daher noch in alter blüte.

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Die firma Rozet und Fischmeister hat in ihrem rechten schaufenster einen ring ausgestellt, der mich immer, so oft ich vorbeigehe, mit heller freude erfüllt. Ein großer brillant ist auf so wunderbare, leichte, feine und ingeniöse

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Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 226. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/225&oldid=- (Version vom 1.8.2018)