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de Veldes? Für die Riemerschmieds oder für die Olbrichs?

Ich glaube, mit der kultur ist es auch nichts. Denn schon wurden stimmen laut, die ausgiebige beschäftigung der „angewandten künstler“ sei eine nationalökonomische frage für den staat und den produzenten. Das wurde den fabrikanten drei tage lang wiederholt.

Ich aber frage: brauchen wir den „angewandten künstler“?

Nein.

Alle gewerbe, die bisher diese überflüssige erscheinung aus ihrer werkstatt fernzuhalten wußten, sind auf der höhe ihres könnens. Nur die erzeugnisse dieser gewerbe repräsentieren den stil unserer zeit. Sie sind so im stile unserer zeit, daß wir sie – und das ist das einzige kriterium – gar nicht als stilvoll empfinden. Sie sind mit unserem denken und empfinden verwachsen. Unser wagenbau, unsere gläser, unsere optischen instrumente, unsere schirme und stöcke, unsere koffer und sattlerwaren, unsere silbernen zigarettentaschen und schmuckstücke, unsere juwelierarbeiten und kleider sind modern. Sie sind es, weil noch kein unberufener sich als vormund in diesen werkstätten aufzuspielen versuchte.

Gewiß, die kultivierten erzeugnisse unserer zeit haben mit der kunst keinen zusammenhang. Die barbarischen zeiten, in denen kunstwerke mit gebrauchsgegenständen verquickt wurden, sind endgültig vorbei. Zum heile der kunst. Denn dem neunzehnten jahrhundert wird einmal ein großes kapitel in der geschichte der menschheit gewidmet werden: ihm verdanken wir die großtat, die reinliche scheidung von kunst und gewerbe herbeigeführt zu haben.

Empfohlene Zitierweise:
Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 268. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/269&oldid=- (Version vom 1.8.2018)