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ZWEI AUFSÄTZE UND EINE ZUSCHRIFT üBER DAS HAUS AUF DEM MICHAELERPLATZ
(1910)


Mein erstes haus


Ich weiß nicht, wie ich dem stadtbauamte für die reklame danken soll, die es mir mit dem verbot, an der fassade weiterzuarbeiten, gemacht hat. Ein lang behütetes geheimnis kam dadurch ans tageslicht: ich baue ein haus.

Mein erstes haus! Ein haus überhaupt! Denn das hätte ich mir wohl nie träumen lassen, daß ich auf meine alten tage noch ein haus bauen werde. Nach all meinen erlebnissen war ich mir bewußt, daß wohl niemand so verrückt sein werde, sich ein haus bei mir zu bestellen. Und daß es unmöglich wäre, meine pläne bei irgend einer baupolizei durchzudrücken.

Denn ich hatte schon eine erfahrung hinter mir. Es war mir die ehrenvollle aufgabe zuteil geworden, in Montreux, am schönen ufer des genfersees, ein portierhäuschen zu errichten. Dort lagen viele steine am ufer, und da die alten bewohner des seeufers alle ihre häuser aus diesen steinen erbaut hatten, so wollte ich es ebenso machen. Denn erstens ist das billig, was doch wieder auch im architektenhonorar zum ausdruck kommt – man erhält viel weniger – und zweitens haben sich die leute weniger mit der zufuhr abzumühen. Ich bin grundsätzlich gegen das viele arbeiten, meine person nicht ausgeschlossen.

Sonst dachte ich an nichts böses. Wer beschreibt daher mein erstaunen, als ich zur polizei vorgeladen und gefragt wurde, wie ich, ein fremdling, ein solches attentat

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Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 293. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/294&oldid=- (Version vom 6.9.2019)