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Laliques oder den ganzen schmuck der Wiener Werkstätte.

Was weiß aber auch der „künstler“, der am reißbrett sitzt, von der fanatischen besessenheit des perlenhändlers, der jahre seines lebens damit zubringt, eine perlenreihe zusammenzustellen, oder von den tiefen nöten des tischlers, der ein edles holz gefunden hat und nun eine bestimmte arbeit daraus verfertigen will?!

Im jahre 1898 wurde jedes holz rot, grün, blau oder violett gebeizt – der architekt hatte ja einen farbenkasten zur verfügung –, und erst, als ich in meinem Café Museum in Wien zum ersten mal bei einer modernen arbeit mahagoniholz verwendete, kamen die wiener darauf, daß es nicht nur phantastische formen und farben, sondern auch verschiedenes material gibt.

Und auch verschiedene arbeit. Weil ich dies wußte und achtete, leben einfache möbel, die ich vor zwanzig jahren geschaffen habe, heute noch und sind im gebrauch (so ein speisezimmer in Buchs bei Aarau). Die phantasieerzeugnisse des secessions- und jugendstils jener Zeit sind verschwunden und vergessen.

Material und arbeit haben das recht, nicht alle jahre durch neue modeströmungen entwertet zu werden.

Empfohlene Zitierweise:
Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 347. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/349&oldid=- (Version vom 1.8.2018)