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gamaschen zu tragen. Der wiener schuster nennt deshalb ganz richtig solche schuhe, die in England brogues genannt werden, schotten, zum unterschied von den tiroler halbschuhen, die entweder gar keine oder gerade kappen besitzen. Die zunge kann sowohl kurz, also normal, sein oder überlang über die verschnürung herabfallen. Dann muß das leder fransenartig zugeschnitten werden, was als lederendigung immer notwendig ist, da sich das leder, naß geworden, sonst einrollt. Aber auch diese fransenzunge, die man jetzt sogar bei damenschuhen bemerken kann, die nicht schottisch gearbeitet, wo sie also falsch am platze sind, ist in Tirol gebräuchlich. Schotten sind immer schwer und sollen nur zu knickerbockers, also zur sportkleidung, getragen werden.

Nun kann man sich die frage nach den gamaschen selbst beantworten. Man kann gamaschen nur zu halbschnürschuhen tragen. Und da man zum gehrock und cutaway (jakett) keine halbschuhe tragen darf, muß man, falls man doch welche anzieht, gamaschen darüber knöpfen.


Frage: - ?

Antwort: Sie meinen also, daß wir gegenwärtig wichtigere sorgen haben sollten, als uns fragen über kleidung vorzulegen. Die antwort über gamaschen hat sie besonders erzürnt. Was soll ich ihnen antworten! Vor allem, daß der reiche mann der sorge: was ziehe ich an, dank der regel, daß man dann am richtigsten gekleidet ist, wenn man am wenigsten auffällt, vollständig enthoben ist. Sein gefüllter kleiderschrank bringt ihn mit leichtigkeit über alle solche sorgen hinweg. Für den reichen mann, für das reiche volk ist mein briefkasten überflüssig.

Empfohlene Zitierweise:
Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 360. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/362&oldid=- (Version vom 1.8.2018)