Seite:Loos Sämtliche Schriften.pdf/371

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daß in den anderen elf monaten mit anderen mitteln gearbeitet werden muß. Aber der effekt ist derselbe.

Stelle einen maler vor eine leere leinwand – er wird malen. Stelle einen batiker vor ein stück reine seide – er wird batiken. Stelle ein kind mit einem stück kreide vor eine planke – es wird ...

Aber kehren wir zu dem fräulein, das mich für einen telepathen hält, zurück. Ich sage: „Batik, ja batik ... Das ist eine schwere sache! Wie kann ich da helfen?! Ich glaube, am besten ist, sie geben das stück in eine chemische putzerei. Vielleicht bringts die fertig.“

Ich glaube nicht, daß die künstlerin meinen rat befolgen wird. Sie wird schon mittel und wege finden, das unbrauchbar gewordene stück seide anders zu verwenden. Denn sonst wären nicht unsere schaufenster voll mit batiktüchern und batikkrawatten. Aber um die aufgewendete zeit wars doch schade. Typewriten und maniküren sind viel nützlichere beschäftigungen. Dem modernen menschen erscheint ein nicht tätowiertes antlitz schöner als ein tätowiertes. Dem modernen menschen sind tätowierungen und batik ein greuel, auch wenn diese beiden techniken in Polynesien und auf dessen kolonie am stubenring eine kunstleistung bedeuten. Die gefahr ist groß, daß alle frauen die berufung zur batikkünstlerin in sich entdecken und daß sie so der wirtschaftlichen arbeit entzogen werden.

Nachschrift : Soeben erfahre ich, daß die chemischen putzereien nicht imstande sind, batik zu entfernen. Hat dir deine braut eine batikkrawatte geschenkt, so mußt du sie dunkel färben lassen.

Empfohlene Zitierweise:
Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 369. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/371&oldid=- (Version vom 1.8.2018)