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OSKAR KOKOSCHKA
(1931)

Ich traf ihn im jahre 1908. Er hatte das plakat für die wiener „kunstschau“ gezeichnet. Es wurde mir gesagt, daß er ein angestellter der „Wiener Werkstätte“ sei und mit fächermalen, zeichnen von ansichtskarten und ähnlichem, nach deutscher art – kunst im dienste des kaufmanns –, beschäftigt werde. Mir war es sofort klar, daß hier eines der größten verbrechen am heiligen geist verübt wurde. Ich ließ Kokoschka rufen. Er kam. Was er jetzt mache? Er modelliere eine büste. (Sie war nur in seinem hirn fertig.) Die ist von mir angekauft. Was kostet sie? Eine zigarette. Gemacht, ich handle nie. Aber schließlich einigten wir uns auf fünfzig kronen.


Zur „kunstschau“ hatte er die lebensgroße zeichnung für einen gobelin angefertigt. Sie war der clou der ausstellung, und die wiener liefen hinein, um sich darüber den buckel voll zu lachen. Wie gerne hätte ich sie erworben, sie gehörte aber der „Wiener Werkstätte“. Sie endete im schutt der ausstellung, im misthaufen.


Ich versprach Kokoschka, daß er dasselbe einkommen haben werde, wenn er die „Wiener Werkstätte“ verlasse, und suchte aufträge für ihn. Ich schickte ihn zu meiner kranken frau in die Schweiz und bat den in der nachbarschaft wohnenden professor Forel, sich von Kokoschka porträtieren zu lassen. Das fertige bild trug ich der museumsverwaltung in Bern für zweihundert franken an. Abgewiesen. Dann reichte ich es zur ausstellung im wiener künstlerhause ein. Abgewiesen. Dann der Klimt-Gruppe für eine ausstellung in Rom. Abgewiesen durch

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Adolf Loos: Adolf Loos – Sämtliche Schriften. Herold, Wien, München 1962, Seite 443. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Loos_S%C3%A4mtliche_Schriften.pdf/445&oldid=- (Version vom 1.8.2018)