Seite:Lucians Werke 0034.jpg

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6. Denn es ist nicht zu läugnen, daß der philosophische Dialog und das Lustspiel[1] von Anfang an nichts weniger als verwandt und befreundet waren. Jener hatte seine Unterhaltungen immer nur mit Wenigen zu Hause, oder auf einsamen Spaziergängen. Dieses aber hatte sich ganz dem Dienste des Bacchus gewidmet, trieb sich auf der Schaubühne um, spielte, scherzte, machte lachen, und tanzte im Rhythmus nach den Tönen der Flöte. Bisweilen schritt es auf den Stelzen des Anapästs einher, und machte sich weidlich lustig über die Freunde des Dialog, die es überstudirte Grübler und Grillenfänger nannte. Damals war es ihm die einzige Aufgabe, dieselbe lächerlich zu machen, und mit der ganzen Fülle von Spott, welchen ihm die bacchische Freiheit erlaubte, zu begießen, indem es dieselben bald in der Luft gehen und mit den Wolken verkehren, bald Flohsprünge ausmessen ließ, um sie als Menschen zu bezeichnen, die sich in die spitzfindigsten und unfruchtbarsten Untersuchungen überirdischer Dinge vertieften. Der Dialog aber gefiel sich nur in der ernsthaftesten Gesellschaft, und philosophirte blos über die Natur der Dinge und über die Tugend. So weit nun auch diese Gegensätze aus einander lagen, so versuchte ich doch die widerspenstigen zu vereinigen, und, wiewohl sie anfänglich ihre Paarung nur mit Widerwillen ertrugen, allmählig in Harmonie zu bringen.


  1. Man denke hiebei an des Sokrates dialogische Art zu unterrichten, und andererseits an die Gestalt, welche die alte Griechische Komödie, wie wir sie noch aus Aristophanes kennen, hatte, besonders aber an die Wolken des letztern, auf welche im Folgenden angespielt wird.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. Stuttgart: J. B. Metzler, 1827–1832, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0034.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)