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30. Hierauf ging er auf einen andern Theil seines Gemähldes über, auf die weitläuftigen Geschäfte, die sie sich mit ihren Leichenbegängnissen und Testamenten machen, wobei er die Bemerkung machte, nur Einmal in ihrem Leben redeten die Römer die Wahrheit, und zwar erst im Testamente, um keinen Verdruß von ihrer Aufrichtigkeit zu haben[1]. Auch konnte ich mich des Lachens nicht enthalten, als er sagte, daß sie ein Verlangen tragen, ihre Albernheiten auch im Grabe bei sich zu haben, und ihre gemeine Denkart in Inschriften an den Tag legen. So ließen Viele ihre Kleider, oder andere vielgeliebte Kleinodien mit sich verbrennen, Etliche ihrer Sklaven neben ihren Gräbern wohnen, um ihre Grabmäler stets mit Blumen zu bekränzen – kurz sie blieben auch im Sterben noch alberne Gecken.

31. Aus dergleichen Verordnungen, wie es nach ihrem Tode gehalten werden soll, könne man schließen, was solcher Leute ganzes Thun bei ihren Lebzeiten gewesen. Das seyen eben die, welche so kostbare Gerichte kauften, und die Weine bei ihren Gelagen mit Krokus und anderen duftenden Gewürzen mischten; dieselben, welche im Winter in einer Fülle von Rosen schwelgten, die sie nur, wenn sie selten und außer der Zeit sind, schätzten, in der rechten Zeit hingegen, und wenn sie die Natur hervorbringt, als etwas gemeines verachteten; das seyen endlich eben jene, die mit ihren Salben auch die Getränke versetzten. Denn was er am schärfsten an ihnen durchzog, war, daß sie nicht einmal ihrer Begierden zu genießen


  1. Im Testamente erlaubte man sich Ausfälle gegen gehaßte Personen, besonders gegen die Großen.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0054.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)