Seite:Lucians Werke 0065.jpg

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den Fraß zu thun war. Wie sie ihm endlich auch die Knochen säuberlich abgenagt, und den letzten Rest Mark vollends ausgesogen hatten, flogen sie auf und davon, und ließen ihn als ein dürres Gerippe liegen[1], ohne ihn mehr zu kennen noch anzusehen (wie sollten sie auch?), geschweige ihn zu unterstützen oder ihm seine Geschenke zu erwiedern. Aus Schaam, hierüber hat er nun die Stadt verlassen, ein Ziegenfell umgethan, und die Hacke ergriffen, um, wie du siehst, als Tagelöhner das Feld zu bauen. Dabei ist er voll schwarzer Galle über die Schurken, die durch ihn reich wurden, und nun ganz vornehm an ihm vorüber gehen, ohne sich auch nur zu erinnern, daß er Timon heißt.

9. Jupiter. Wir dürfen diesen Mann wirklich nicht übersehen und vernachläßigen. Er hatte nicht Unrecht, über sein Unglück zu klagen, da wir nahe daran sind, es nicht besser zu machen, als jene heillosen Schmarotzer, indem wir eines Mannes vergaßen, der uns so viele fette Hinterviertel von Rindern und Ziegen auf unsern Altären verbrannt hatte. Ich habe wahrhaftig den Fettdampf davon noch in der Nase. Allein die vielen Geschäfte und die Unruhe, welche mir die Menge von Meineiden, Brutalitäten und Straßenräubereien verursacht, zudem die Furcht vor den vielen Tempeldieben, vor denen ich mich kaum zu sichern weiß, so daß ich es mir nicht erlauben darf, auch nur ein bischen einzunicken – alles dieß machte, daß ich seit langer Zeit nicht auf Attika herabgesehen habe, zumal seitdem die Philosophie und das Disputiren


  1. Im Original: Dürr und bis an die Wurzel abgehauen – ein Bild, das zum vorigen nicht paßt. Wieland.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0065.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)