Seite:Lucians Werke 0072.jpg

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Aber was ist das, du hinkst ja? Seit wann bist du denn zu deiner Blindheit auch lahm geworden?

Plutus. Ich bin es nicht immer, Merkur, sondern nur, wenn mich Jupiter irgend wo hinschickt, da bin ich, ohne zu wissen, wie’s kommt, so langsam und an beiden Füßen so lahm, daß ich oft kaum das Ziel erreiche, wenn der, welcher auf mich wartet, bereits ein lebenssatter Greis ist. Wenn ich mich aber entfernen soll, da solltest du sehen, wie ich fliegen kann: kein Traumbild kann schneller verschwinden. Wäre ich dann ein Wettrenner, kaum könnte das Schrankenseil zu Boden fallen, so hätte ich, ohne daß mich die Zuschauer mit ihren Blicken verfolgen könnten, schon die Bahn durchflogen, und würde als Sieger ausgerufen.

Merkur. Du sagst mir da nicht die Wahrheit. Denn ich könnte dir Viele nennen, die gestern noch keinen Obolus, um sich einen Strick zu kaufen, im Vermögen hatten, und heute plötzlich reich sind, groß thun, und mit weißen Pferden fahren, während sie sonst keinen Esel im Stalle hatten. Und wenn sie so in Purpur und mit Händen voll goldner Ringe herumspatzieren, haben sie selbst Mühe, sich zu überzeugen, daß sie nicht bloß im Traume reich sind.

21. Plutus. Das ist etwas ganz anderes, Merkur. Zu diesen bin ich nicht auf den Füßen gekommen: auch hat mich nicht Zeus, sondern Pluto zu ihnen geschickt, der ja auch ein großer Reichthumgeber ist, wie schon sein Name[1]


  1. Pluto (namensverwandt mit Plutus), der Gott der Unterwelt, wird hier gedacht als der Geber der Reichthümer, die durch Erbschaft zufallen.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 72. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0072.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)