Seite:Lucians Werke 0113.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

haben? Du weißt mir nichts zu antworten. Das ist ja eben, dünkt mich, die Natur dieses Gutes, daß es durch Mittheilung nicht geringer wird: es erlischt nicht, wenn einer sein Licht daran anzündet. Es ist also der offenbare Neid, wenn ihr den Bedürftigen die Theilnahme an einem Gute verwehren wollt, das euch dadurch nicht beschädigt wird. Vielmehr solltet ihr ja, als Götter,

– – die himmlischen Geber des Guten,[1]

gütig gegen die Menschen, und von allem Neide ferne seyn. Und hätte ich auch all euer Feuer auf die Erde gebracht, und euch kein Fünkchen übrig gelassen, so hätte ich euch doch keinen großen Schaden zugefügt. Ihr könnt es ja entbehren; ihr friert nicht, ihr braucht eure Ambrosia nicht zu kochen, und bedürft keines künstlichen Lichtes.

19. Den Menschen hingegen ist das Feuer zu unendlich Vielem, besonders aber zu den Opfern unentbehrlich, um die Straßen mit Opferdampf zu füllen, Weihrauch anzuzünden, und fette Hinterviertel auf euern Altären zu verbrennen. Und ist es nicht eben dieser Dampf, der euch so große Freude macht? Ist es nicht der süßeste Schmaus für euch,

Wenn hoch wallet der Duft in wirbelndem Rauche gen Himmel?[2]

So steht also eure Anklage mit dieser eurer Liebhaberei im größten Widerspruche. Ich wundere mich nur, daß ihr nicht auch dem Sonnengotte verboten habt, meinen Menschen zu leuchten, da sein Feuer noch viel göttlicher und ächter ist,


  1. Odyss. VIII. 325.
  2. Iliade I, 317.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0113.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)