Seite:Lucians Werke 0163.jpg

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aber was ist dir? Du zitterst ja und wirst bleich. Fürchte dich nicht: es ist nichts Schlimmes. Jupiter trägt dir auf, zu entscheiden, welche von diesen dreien die schönste sey. Da du selbst schön wärest, und in Liebesangelegenheiten Bescheid wüßtest, so wolle er deiner Einsicht diesen Ausspruch überlassen. Was der Preis dieses Kampfes ist, wirst du auf diesem Apfel lesen.

Paris. Laß doch sehen; hier steht: die Schönste soll ihn haben. – Wie sollte aber ich, erhabener Merkur, ein Sterblicher und noch dazu ein bloser Landmann, über Schönheiten richten können, deren wundervoller Anblick für einen armen Kuhhirten viel zu erhaben ist! Dergleichen zu beurtheilen möchte noch eher ein feiner Städter vermögen. Fragte sich’s von Ziegen oder Kühen, welche die schönste sey, so wußte ich das ganz kunstmäßig zu entscheiden. Aber diese drei sind alle gleich schön, und ich weiß nicht, wie es Einer machen soll, um die Augen von der Einen auf die Andere zu wenden: man bringt sie gar nicht von der Stelle, und auf was sie sich gleich anfänglich hefteten, daran bleiben sie hängen, und das dünkt ihnen das Schönste. Fällt aber der Blick auf einen andern Punkt, so vertieft er sich in Betrachtung des neuen Schönen, bis ihn wieder der Reiz des nächsten eben so mächtig ergreift. Mit Einem Worte, ich fühle mich von dem Zauber dieser Schönheit so ganz und gar umflossen und umfangen, daß ich es beklage, nicht, wie Argus, nur Ein Auge zu seyn. Ich denke am besten zu richten, wenn ich den Apfel allen dreien gebe. Zudem trifft es sich ja, daß die Eine Jupiter’s Schwester und Gemahlin, und jede der

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0163.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)