Seite:Lucians Werke 0167.jpg

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diese öden Felsen nicht verlässest, um in der Stadt zu leben, sondern die Blüthen deiner Schönheit dieser Wildniß opfern willst. Welche Freuden hast du denn auf den Bergen hier? Was haben diese Rinder von deinen Reizen? Du solltest längst vermählt seyn, aber freilich nicht mit einer plumpen Dorfdirne, wie eure Mädchen auf dem Ida sind, sondern mit einer Griechin aus Argos, Corinth oder Sparta, zum Beispiel mit einer Helena; diese ist jung, schön, in Allem, wie ich selbst, und, was die Hauptsache ist, sehr verliebt. Ich bin gewiß, sie wird sich, wenn sie dich nur sieht, in deine Arme werfen und Alles im Stiche lassen, um dir zu folgen und mit dir zu leben. Gewiß hast du schon von ihr gehört.

Paris. Noch nichts, Venus. Aber es machte mir Vergnügen, Alles zu hören, was du von ihr weißt.

13. Venus. Sie ist die Tochter der berühmten schönen Leda, die Jupiter einst in der Gestalt eines Schwans besuchte.

Paris. Und ihr Aussehen?

Venus. Sie ist so weiß, wie nur die Tochter eines Schwans, und so zart, wie nur ein Mädchen seyn kann, das einem Ey entschlüpfte, eine gewandte, gymnastische Spartanerin, um die man sich so gewaltig riß, daß, da sie von Theseus beinahe noch als Kind entführt worden war, ein blutiger Krieg um ihretwillen entstand. Kaum aber hatte sie die jungfräuliche Blüthe erreicht, als alle die edelsten Fürsten der Achäer, um sie zu freien, sich einfanden. Der Pelopide Menelaus erhielt den Vorzug; wenn du aber willst, so will ich machen, daß sie dein Weib wird.

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0167.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)