Seite:Lucians Werke 0273.jpg

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uns Beiden nicht so groß ist, wie ihn der blinde Homer machte, der dich als den Schönsten unter allen Griechen pries: vielmehr daß der Spitzkopf mit der häßlichen Glatze dem Richter eben so wohl zu gefallen scheint, wie dein Gesicht. Bedenke dich denn, Menippus, welchen du für den Schönsten erklären willst.

Nireus. Mich doch wohl, der Aglaja und des Charops Sohn,

Mich den Schönsten der Männer, die einst vor Ilion zogen.[1]

2. Menippus. Aber nicht unter die Erde bist du als der Schönste gekommen, dünkt mich. Dein Gerippe sieht dem des Thersites ganz ähnlich, und dein Schädel ist nur darin von dem seinigen unterschieden, daß der deinige mürber ist: wenigstens siehst du mir schwächlich und unmännlich genug aus.

Nireus. Frage nur den Homer, wie ich war, als ich mit den Achäern in den Krieg zog.

Menippus. Träumereien! ich halte mich an das, was ich mit meinen Augen sehe, und was du jetzt bist: über Jenes können nur diejenigen urtheilen, die damals lebten.

Nireus. Hier unten wäre ich also nicht mehr schöner als die Uebrigen?

Menippus. Weder du, noch irgend Jemand ist hier schön: im Schattenreiche ist allgemeine Gleichheit, und Einer sieht aus wie der Andere.

Thersites. Ich wenigstens bin auch damit zufrieden.

Anmerkungen

  1. Iliade II, 673.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. Stuttgart: J. B. Metzler, 1827–1832, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0273.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)