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Charon. Ich sehe von dieser Höhe nichts deutlich genug: ich sollte nicht blos Städte und Berge, wie in einem Gemälde vor dem Auge haben, sondern möchte die Menschen und ihr Treiben selbst betrachten, und hören, was sie reden. Wie zum Beispiel vorhin, als du mich antrafst, da ich eben lachte, und du mich fragtest, warum ich lache, da hatte ich eben etwas gehört, was mir überaus lustig vorkam.

Merkur. Und was war das?

Charon. Es ward einer von einem seiner Freunde auf den folgenden Tag eingeladen, mit ihm zu speisen. „Ich werde unfehlbar erscheinen,“ war die Antwort. Kaum hatte er das gesagt, als – der Himmel weiß wie – ein Ziegel vom Dache fiel, und ihn erschlug. Da mußte ich lachen, daß der Mann sein Versprechen so schlecht erfüllte. – Ich werde mich also wohl weiter herunter begeben müssen, um Alles besser zu sehen und zu hören.

7. Merkur. Bleib ruhig sitzen. Auch für dieses Uebel weiß ich ein Mittel. Homer hat eine Zauberformel, die auch in diesem Falle hilft, und mit welcher ich dir auf der Stelle das schärfste Gesicht geben kann. Stelle dir nur, wenn ich die Worte spreche, recht deutlich vor, deine Blödsichtigkeir wäre verschwunden, und du sehest alles auf’s Klarste.

Charon. Sprich nur!

Merkur.

Auch entnahm ich den Augen die Finsterniß, welche sie deckte;
Daß du wohl erkennest den Gott und die sterblichen Menschen.[1]


  1. Iliade V, 127.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0312.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)