Seite:Lucians Werke 0313.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Charon. Was ist das?

Merkur. Siehst du nun?

Charon. Ach unübertrefflich! Der berühmte Lynceus war blind gegen mich. Erkläre mir nun sogleich Alles, was ich sehe, und antworte mir auf meine Fragen. Erlaubst du mir aber, diese Fragen mit Homerischen Worten zu thun, damit du dich überzeugest, daß ich mit dem Dichter so unbekannt nicht bin?

Merkur. Wie wärest denn du zu dieser Bekanntschaft gekommen, ein Mann, der nie seinen Nachen und seine Ruderbank verließ?

Charon. Siehst du, wie geringschätzig du von meinem Geschäfte denkst! Als Homer gestorben war, und ich ihn überführte, hörte ich ihn Vieles declamiren und singen, wovon mir noch Manches im Gedächtniß geblieben ist. Wir wurden damals von keinem geringen Sturm überfallen. Denn Homer hatte einen Gesang angestimmt, der für Schiffende nicht von der besten Vorbedeutung war, wie nämlich Neptun die Wolken zusammengetrieben, und das Meer mit seinem Dreizack, wie mit einer Kelle aufgewühlt, und alle Sturmwinde in Bewegung gesetzt habe, und dergleichen mehr: wie er so das Meer in seinen Versen durcheinander rührt, stürzt sich ein so gräßlicher Sturm aus einer finstern Wetterwolke auf uns, daß unser Schifflein am Umschlagen war. Da ward Homer seekrank, und gab mehrere seiner Rhapsodieen samt der Scylla, Charybdis und dem Cyclopen von sich.

Merkur. Aus diesem reichlichen Ergusse war es nun freilich nicht schwer, Einiges zu behalten.

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 313. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0313.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)