Seite:Lucians Werke 0334.jpg

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theils aber auch von etlichen sterblichen Erdenbewohnerinnen mit Bastarten beschenkt wurde: verwandlungsreicher als selbst Proteus wäre der Ehrenmann bald zum Stier, bald zum Schwan, bald zum Adler, ja sogar zu Golde geworden; und nur die einzige Minerva hätte er lediglich innerhalb seines Gehirnes erzeugt und aus seinem Haupte geboren, den Bacchus hingegen aus seiner brennenden Mutter Leib halb ausgetragen gerettet, in seinem Schenkel verschlossen, und, als die Wehen sich einstellten, herausgeschnitten.

6. Aehnliches wissen sie uns auch von der Juno zu singen: sie habe ohne Zuthun eines Mannes, von einem Lufthauch angeblasen, den Vulcan empfangen und geboren, einen Sohn, dem nicht das glücklichste Loos zu Theil ward. Er ist, sagen sie, ein gemeiner Handwerker, ein rußiger Schmidt, der sein ganzes Leben im Qualm seiner sprühenden Feueresse zubringen muß, und noch dazu gar übel auf den Füßen ist. Ein Fall nämlich auf die Erde, als ihn Jupiter aus dem Himmel schmiß, hatte ihm auf immer die Füße gelähmt; und hätten ihn damals die Lemnier nicht noch glücklicherweise aufgefangen, so wäre uns der gute Vulcan zu Grunde gegangen, wie einst Astyanax, als er von einem Thurme herabstürzte. Doch die Sagen von Vulcan sind noch erträglich: aber wer weiß nicht, wie es dem Prometheus ergieng, weil er den Menschen etwas zu eifrig zugethan war? Ließ ihn Jupiter nicht nach Scythien abführen und an den Caucasus schmieden, wo ihm beständig ein Adler zur Seite ist, um ihm tagtäglich auf’s neue die Leber auszuhacken? So büßte dieser das Verbrechen der Menschenliebe!

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 334. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0334.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)