Seite:Lucians Werke 0375.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

uns zur Philosophie begeben. Diese soll das Urtheil sprechen, und diesem Spruche wollen wir uns fügen.

11. Lucian. Nun das läßt sich einmal hören: das war gut und rechtlich gesprochen! Behaltet indessen eure Steine nur immer bei euch, wie gesagt: ihr werdet sie nach Beendigung des Gerichtes brauchen können. Wo ist aber die Philosophie zu finden? Ich weiß ihre Wohnung einmal nicht; wiewohl ich aus Verlangen nach ihrem Umgang lange Zeit und aller Orten ihren Aufenthalt gesucht habe. Da traf ich einmal auf Leute in groben Mänteln, mit langen Bärten, die sagten, sie kämen gerade von ihr her. In der Meinung also, daß diese es am besten wissen müßten, fragte ich sie darnach. Diese mußten es aber noch viel weniger als ich gewußt haben; denn entweder gaben sie mir gar keine Antwort, um ihre Unwissenheit nicht gestehen zu müssen, oder sie wiesen mich, der Eine an diese, der Andere an eine andere Thüre. Und so war es mir bis auf den heutigen Tag nicht möglich, die Behausung der Philosophie ausfindig zu machen.

12. Es begegnete mir zwar öfter, daß ich entweder auf eigene Vermuthung hin, oder von einem Andern gewiesen, vor eine Thüre kam, wo ich zuverlässig hoffte, die Gesuchte endlich einmal zu treffen. Ich mußte dieß aus der Menge der Aus- und Eingehenden schließen, die sämmtlich durch ernste, wichtige Mienen, durch Züge, die tiefes Nachdenken verriethen, und ein gewisses gemessenes Wesen sich auszeichneten. Ich drängte mich also mit ihnen hinein, und da fand ich denn ein Weibchen, das, so sehr es ein einfaches

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. Stuttgart: J. B. Metzler, 1827–1832, Seite 375. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0375.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)