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20. Philosophie. Du hast Recht: die Frage war überflüssig. Was bist du aber eigentlich deines Zeichens? Das sollte ich denn doch wissen.

Lucian. Ich bin ein abgesagter Feind aller Aufschneiderei und alles marktschreierischen Wesens, aller Lügen und alles eiteln Dünkels, und hasse diese abscheuliche Gattung von Menschen, deren, wie du weißt, eine Unzahl ist, von Herzensgrunde.

Philosophie. Beim Herkules, wenn das dein Geschäft ist, so hast du viel zu hassen.

Lucian. Ja wohl! Du siehst nun selbst, wie Viele auch mich hassen, und welchen Gefahren ich mich dadurch aussetze. Gleichwohl, wie feindlich diese Verhältnisse sind, ist mir darum doch das Freundliche nichts weniger als fremd. Ich bin ein Freund des Wahren, ein Freund des Schönen, ein Freund des Natürlichen und alles wahrhaft Liebenswürdigen. Doch nur sehr Wenige sind es, an denen ich die Kunst, mich zu befreunden, üben kann, während derer, die zu hassen mein Beruf ist, viele Tausende sind; so daß ich, indem ich jene Kunst vollends zu verlernen befürchten muß, mit dem letztern mich am Ende nur zu sehr vertraut mache.

Philosophie. Das solltest du wirklich nicht. Das Eine kann bestehen, ohne das Andere aufzuheben. Betrachte nicht jene Liebe und diesen Haß als gesonderte Dinge. Sie scheinen zweifach, und sind nur Eines.

Lucian. Dieß, o Philosophie, mußt du am besten wissen. Mein Wahlspruch ist nun einmal: Haß allen Schlechten, Lob und Liebe den Guten! –

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. Stuttgart: J. B. Metzler, 1827–1832, Seite 382. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0382.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)