Seite:Lucians Werke 0390.jpg

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und daß man dabei Betrügereien, Lügen, Unverschämtheit, Geschrei und Händeln täglich ausgesetzt ist. War es ein Wunder, wenn ich dieser Lebensart mich entzog, und mich zu dir, o Philosophie, und zu deinen Gütern flüchtete? Als hätte ich nach Sturm und Wogendrang endlich einen sichern Port gefunden, beschloß ich unter deinem Schirme den Rest meiner Tage zu verleben.

30. Kaum hatte ich mich mit eurer Wissenschaft etwas näher bekannt gemacht, so konnte es nicht fehlen, ich verehrte dich und alle Diese als die Gesetzgeber der besten Art zu leben, und als die Führer für die, welche darnach Verlangen tragen: ich sah in euch die Lehrer der schönsten und heilsamsten Wahrheiten für Jeden, der euren Vorschriften mit unverwandtem Blicke und festen Schritten folgend, nach ihnen sein Leben regeln und einrichten will. Allein, beim Jupiter, wie Wenige sind in unsern Tagen, die dieß thun!

31. Wie Viele sehe ich, die nicht aus wirklicher Liebe zur Philosophie, sondern aus Sucht nach dem Ansehen, das sie sich dadurch zu verschaffen glauben, die Philosophen spielen, und, indem sie gewisse äußerliche, in die Augen fallende Merkmale, die Jeder ohne Mühe nachäffen kann, z. B. den philosophischen Gang, die Tracht, den Bart u. dergl. annehmen, sich das Ansehen von weisen und tugendhaften Männern vortrefflich zu geben wissen! Seh ich nun, in welch schreiendem Widerspruch ihre Handlungen mit dieser Außenseite standen, wie ihre ganze Lebensweise das Gegentheil von der eurigen war, und die Würde des Standes schändete, zu dem sie sich bekannten, so erfüllte mich das mit dem tiefsten

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. Stuttgart: J. B. Metzler, 1827–1832, Seite 390. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0390.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)