Seite:Lucians Werke 0479.jpg

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besten Jahre hat er gepflückt, deine brauchbarsten Kräfte hast du in seinem Dienste verzehrt; und da du nun, einem abgetragenen und halbzerfetzten Gewande gleich, zu Nichts mehr gut bist, sieht er sich um, in welchen Schmutzwinkel er dich werfen wolle, um einen Andern, der jene Mühseligkeiten besser aushalten kann, anzunehmen. Da bedarf es denn bloß irgend einer aus der Luft gegriffenen Beschuldigung, zum Beispiel, du, alter Mann, hättest einen Knaben vom Hause verführt, oder ein Zöfchen der Frau um ihre Unschuld bringen wollen – Dieß ist genug, um dich bei Nacht und Nebel über Hals und Kopf zum Hause hinaus zu werfen. Da stehst du nun, rathlos und von aller menschlichen Hülfe verlassen, altersschwach und obendrein mit einem vortrefflichen Podagra belastet; all dein früheres Wissen hast du in dieser langen Zeit allgemach verlernt; du schleppst dich mit einem ungeheuern Hängebauch und einem weiten Magen, den du weder füllen, noch mit guten Worten abspeisen kannst;[1] und dein Gaumen, der nach wie vor seine gewohnten Forderungen macht, ist gewaltig unzufrieden mit den Entbehrungen, die er lernen soll.

40. Einen neuen Herrn, der dich in sein Haus nehme, findest du nicht: denn du stehest bereits in den Jahren, wo man dich mit einem alten Pferde vergleichen möchte, an dem nicht einmal die Haut mehr zu gebrauchen ist. Zudem hat die Verstoßung aus jenem Hause gar sehr deinem guten Rufe geschadet; und, wie man immer gerne das Schlimmere vermuthet, so heißt es, du wärest ein Ehebrecher, ein Giftmischer


  1. „schleppst dich – kannst“ Wieland.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 479. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0479.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)