Seite:Lucians Werke 0527.jpg

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13. Doch genug hiervon: willst du nicht lieber – da du nun doch Muße hast – mir, deinem alten Freunde, erzählen, wie du es angiengst, dieses philosophische Streben in dir zu wecken, damit auch ich mich von Stunde an aufmache, euer Begleiter auf derselben Bahn zu werden? Ihr werdet doch einen guten Bekannten nicht zurückweisen?

Hermotimus. O, wenn du nur willst, lieber Lycinus, so sollst du bald sehen, welcher Unterschied zwischen dir und andern Menschenkindern seyn wird. Glaube mir, sie werden dir Alle wie Kinder vorkommen, so großartig wird deine Denkart seyn im Vergleich gegen die ihrige.

Lycinus. Ich will zufrieden seyn, wenn ich nur nach zwanzig Jahren so weit seyn werde, als du jetzt bist.

Hermotimus. Sorge nicht: ich war ungefähr in deinem Alter, als ich zu philosophiren anfieng; du bist gegenwärtig doch wohl vierzig Jahre alt?

Lycinus. Getroffen, mein Hermotimus. So gewähre mir also die gewiß nicht unbillige Bitte, und führe mich auf denselben Weg, den du selbst betreten hast. Zuvor aber sage mir noch: erlaubt ihr euern Lehrlingen, dem Meister zu widersprechen, wenn er ihnen etwas Unrichtiges zu sagen scheint? oder geht dieß bei euch nicht an?

Hermotimus. Es ist eigentlich nicht Sitte: doch mache du immer, wenn du Lust hast, zwischenein deine Fragen und bringe deine Einwürfe vor. Du wirst nur um so schnellere Fortschritte machen.

14. Lycinus. Nun das lobe ich mir, bei’m Hermes, deinem Namenspatron! Aber sage mir doch: giebt es nur Einen Weg zur Weisheit, den der Stoiker? Oder habe ich

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 527. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0527.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)