Seite:Lucians Werke 0668.jpg

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sicherer und leichter, als ohne dieselben, zu seinem Ziele gelangen dürfte.

36. Denn man wird nicht läugnen wollen, daß auch der Talentvolle in Dingen, worin er noch keine Erfahrung hat, einer gewissen methodischen Anweisung bedarf: sonst wäre ja Jeder im Stande, auch ohne vorhergehenden Unterricht, die Cither zu spielen, die Flöte zu blasen, kurz Alles zu machen, was er wollte, während doch die Erfahrung lehrt, daß Keiner zu recht kommt, dem man nicht gewisse Handgriffe gezeigt hat; daß hingegen, wer Unterricht erhält, ohne Mühe lernt und in kurzer Zeit sich selbst zu helfen weiß.

37. Man übergebe also auch mir einen Schüler, der mit den natürlichen Talenten des gesunden Urtheils und des Darstellungsvermögens einen scharfen und richtigen Blick verbände, der Brauchbarkeit zu öffentlichen Geschäften, militärischen Geist, und bei der Klugheit eines Staatsmannes die Einsicht des Feldherrn besäße: einen Mann, der selbst schon in Feldlagern gewesen, mehrmals schon die Uebungen und Stellungen der Truppen beobachtet, und sich Kenntnisse aller Waffengattungen und Kriegsmaschinen verschafft hätte, der also wüßte, was colonnenweise, und was in Fronte aufmarschiren heißt, welcher Gebrauch vom Fußvolk, welcher von der Reiterei zu machen ist, was man bei letzterer einen Schoc, was Ueberflügeln nennt. Mit Einem Worte, man gebe mir keinen Stubenmenschen, der Alles glauben muß, was er erzählen hört.

38. Vor allen Dingen aber sey er ein Mann von freisinniger Denkungsart, der keinen Menschen fürchtet und von keinem etwas hofft: widrigenfalls er einem schlechten Richter

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 668. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0668.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)