Seite:Lucians Werke 0669.jpg

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gliche, der, um Lohn gedungen, nach Gunst oder Ungunst entscheidet. Es darf ihn nicht anrühren, daß Philipp bei Olynth durch Aster, einen Bogenschützen aus Amphipolis, um ein Auge kam; noch darf ihn, wenn er offen und ehrlich Geschichte schreiben will, des Alexanders heftige Reue[1] bestechen, die er nach jener an Clitus über der Tafel verübten rohen und blutigen That an den Tag legte. Eben so wenig soll ihn die Allgewalt, mit welcher ein Cleon[2] auf der Rednerbühne die Volksversammlung beherrscht, einschüchtern, diesen Menschen als den unheilvollen Wütherich darzustellen, der er war. Und die Ungnade der ganzen Stadt Athen darf ihn nicht abhalten, wenn er die Unfälle in Sicilien zu erzählen hat, der Gefangenschaft des Demosthenes zu erwähnen, und zu sagen, was Nicias für einen Tod fand, und wie die Athener ihren Durst an einem Flusse stillen wollten, aber in demselben Augenblicke vom Feinde überfallen und größtentheils erschlagen wurden.[3] Denn er darf mit allem Grunde überzeugt seyn, daß kein Vernünftiger es ihm zum Vorwurf machen wird, wenn er Unglücksfälle oder unanständige Unternehmungen nach ihrem wahren Verlauf erzählt: er soll ja nicht der Erfinder, sondern nur der Berichterstatter seyn. Werden denn seine Landsleute zur See geschlagen, je nun, so ist ja er es nicht, der ihre Schiffe in den Grund bohrt; suchen sie ihr Heil in der Flucht, so ist ja er es nicht, der sie jagt. Er hat nichts für sie, als seine guten Wünsche, und


  1. Nach Fritzsche’s Vorschlag μήτε εἰ ᾿Αλεξ.
  2. S. Timon. 30.
  3. Das Nähere der hier und im Folgenden erwähnten Begebenheiten erzählt Thucydides VII, 82 ff. und 43. 73. f.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 669. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0669.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)