Seite:Lucians Werke 0706.jpg

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die länger als bei uns die größten Phallussäulen,[1] so spitzig als Zaunpfähle, und weiß wie Elfenbein waren. Da reichten wir uns, wie zum letzten Abschiede, die Hände, umarmten uns und erwarteten seine Ankunft. Er kam, ein Schluck – und wir waren zusammt unserem Schiffe in seinem Bauche. Denn er nahm sich nicht Zeit, uns erst mit den Zähnen zu zermalmen, sondern ließ das ganze Fahrzeug durch seinen weiten Schlund hinuntergleiten.

31. Anfänglich waren wir von der dichtesten Finsterniß umgeben: nach einer Weile aber, als der Rachen wieder aufgähnte, sahen wir, daß wir uns in einem ungeheuern weiten und hohen Raume befanden, der wohl eine Stadt von zehntausend Einwohnern hätte in sich fassen können. Ueberall lagen kleine Fische und andere Thiere in Menge zerstückelt umher, nebst Segeln und Ankern, Menschenknochen und Waarenballen. In der Mitte dieses Raumes war eine Erde mit Bergen und Thälern, die sich höchstwahrscheinlich aus dem vielen Schlamm, den das Thier verschluckte, allmählig angesetzt hatte. Es befand sich ein Wald auf derselben, und Bäume und Küchengewächse aller Art, wie aus einem mit Fleiß angebauten Lande. Der Umfang dieser Art von Insel betrug zweihundert und vierzig Stadien [an zehen Stunden]. Auch sogar Seevögel waren hier zu sehen, Möven, Halcyonen, die auf den Bäumen nisteten.

32. Anfänglich wußten wir nichts zu thun, als unserer Betrübniß durch einen reichlichen Thränenstrom Luft zu machen. Allmählig aber gelang es mir, den Muth meiner Gefährten


Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 706. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0706.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)