Seite:Lucians Werke 0743.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

das die seltsame Erscheinung etwa bedeuten dürfte, von uns abzuwenden.

42. Noch waren wir nicht fünfhundert Stadien weiter gekommen, als wir einen außerordentlich großen und dichten Wald von Fichten und Cypressen vor uns sahen, den wir anfänglich für festes Land hielten. Allein bald zeigte sich’s, daß es ein tiefes, mit Bäumen ohne Wurzeln überwachsenes Meer war, auf welchem die Bäume gleichwohl sich fest und unbeweglich emporhoben. Je näher wir kamen und je genauer wir die Sache besichtigten, desto mehr wuchs unsere Verlegenheit, was wir anfangen sollten. Mitten durch die Bäume hindurch zu schiffen, war eine Unmöglichkeit, sie standen zu dicht neben einander: und wieder umzukehren, schien uns auch nicht wohl thunlich. Da stieg ich auf den höchsten dieser Bäume, um zu sehen, was über den Wald hinausläge, und fand, daß sich derselbe noch gegen fünfzig Stadien oder etwas drüber (in die Breite) fortzog, daß aber jenseits desselben wieder ein neues Meer beginne. Das Beste dünkte uns also, unser Schiff auf die ungemein dichten Wipfel der Bäume hinaufzuheben und es so wo möglich in das andere Meer hinüberzuschaffen. Gedacht, gethan. Wir banden das Schiff an einem starken Taue fest, bestiegen die Bäume, und zogen es mit unsäglicher Mühe zu uns herauf. So wie es aber oben auf den Zweigen saß, blies der Wind kräftig in die ausgespannten Segel, und so kamen wir eben so bequem vorwärts, als ob wir noch auf dem Meere schiffen. Dabei fiel mir jener Vers ein, der sich irgendwo bei dem Dichter Antimachus findet:

Sie durchsteuerten nun den waldbewachsenen Meerpfad.

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 743. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0743.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)