Seite:Lucians Werke 0788.jpg

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ein Uebel, dem unter allen am mißlichsten beizukommen ist, nach einem schweren Kampfe glücklich überwunden habe, werdet ihr nun noch meinem Vater das Recht einräumen, mich von sich zu stoßen, werdet ihr ihm erlauben, die Gesetze nach Gefallen zum Schaden seines Wohlthäters zu deuten, werdet ihr dulden, daß er der Natur selbst so feindselig zuwider handelt? Während doch ich der Stimme der Natur gehorchte, und den Vater mir rettete, so ungerecht er gegen mich war, so richtet Dieser,[1] unter dem Vorgeben gesetzlich zu handeln, den Sohn, seinen Wohlthäter, zu Grunde und beraubt ihn aller seiner Familienrechte. Bin ich nicht der zärtlichste Sohn gegen einen unversöhnlichen Vater? Bewahrte ich nicht die natürlichen Gefühle kindlicher Liebe, während er der Stimme der Natur so übermüthig Hohn spricht? Gewiß, mein Vater hatte keinen Grund, mich zu hassen: aber ich – ach! wie viel weniger Grund hatte ich, ihn zu lieben! In der That, mein Vater nöthigt mich durch seinen Haß, mir selbst Vorwürfe zu machen, daß ich ihn liebe und über alle Gebühr liebe, der es doch sogar nicht verdient; während doch die Natur den Vätern eine zärtlichere Liebe zu ihren Söhnen, als Diesen zu ihren Vätern zur Pflicht macht. Recht vorsätzlich achtet er der Gesetze nicht, welche Söhnen, die Nichts verbrochen, ihre Familienrechte sichern, und achtet der Natur nicht, die Eltern an ihre Kinder mit den stärksten Banden der Zärtlichkeit fesselt; geschweige, daß er, der größere Ursache zur Anhänglichkeit hat, als er mir gab, auch mit größerer und eifrigerer Liebe


  1. ἀδικῇ οὑτοσὺ δέ, nach Fritzsche.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 788. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0788.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)