Seite:Lucians Werke 0791.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

war also, sollte ich meinen, nicht der geringste Grund vorhanden, mir einen Vorwurf zu machen. Und was mein ganzes folgendes Betragen betrifft, was kannst du daran aussetzen, mein Vater? Wo ließ ich es je an der Achtung und Aufmerksamkeit fehlen, die ein Sohn dem Vater schuldig ist? Wann habe ich je eine Nacht außer dem Hause zugebracht? Wann konntest du mir Schuld geben, daß ich an unanständigen Trinkgelagen und nächtlichen Schwärmereien Theil genommen? Bin ich ein Verschwender? Habe ich mich in liederlichen Häusern umgetrieben? Hat irgend Jemand über mich zu klagen gehabt? Niemand. Je nun, sind Dieß nicht eben die Gründe, aus welchen das Gesetz einem Vater allein erlaubt, sich von seinem Sohne loszusagen? Meine Stiefmutter fing an zu erkranken. Ist es Das, was du mir Schuld gibst? Ziehst du mich wegen ihrer Krankheit zur Verantwortung?

22. Das eben nicht, meinst du: aber ich hätte mich, deinem Befehle zuwider, sie zu behandeln geweigert, und wegen dieses Ungehorsams verdiene ich, verstoßen zu werden. Wir wollen nun doch gleich sehen, was das für ein Befehl ist, wegen dessen Nichtbefolgung mir der Vorwurf des Ungehorsams gemacht wird. Aber vorher will ich nur überhaupt bemerken, daß es kein Gesetz gibt, welches ihm das Recht gäbe, Alles von mir zu verlangen, oder mir den Zwang auferlegte, ihm in Allem zu Willen zu seyn. Es gibt Forderungen, deren Nichterfüllung keinem Sohne zur Last gelegt werden darf, so wie es welche gibt, denen er sich nicht entziehen kann, ohne den Unwillen des Vaters und seine gerechte Strafe zu verdienen. Wenn du selbst krank wärest,

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 791. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0791.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)