Seite:Lucians Werke 0794.jpg

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Oder hast du mir auch nur einen einzigen Lehrer bezahlt? hast du mir die Kosten der Einrichtung meines Arzneienvorrathes bestritten? Weder das Eine, noch das Andere. Sondern bettelarm, wie ich war, entblößt auch von den unentbehrlichsten Bedürfnissen, mußte ich zu dem Mitleiden meiner Lehrer Zuflucht nehmen, um meine Studien betreiben zu können. Denn Alles, was mein Vater mir auf den Weg gegeben hatte, war Kummer, Mangel, Rathlosigkeit, Haß und Abscheu meiner Blutsverwandten. Und dafür glaubst du nun über meine Kunst verfügen zu können, und willst Herr über ein Eigenthum seyn, das ich mir erworben, so lange du mein Herr nicht warst? Genügt es dir nicht, daß ich dir bereits freiwillig, und ohne dir etwas schuldig zu seyn, einen Dienst erwies, den du keineswegs als einen gebührenden Dank von mir fordern konntest?

25. Wenn ich Einmal half, so begründet Dieß noch keine Verbindlichkeit für die Zukunft; und wenn ich freiwillig gute Dienste leistete, so darf man davon nicht Veranlassung nehmen, ein andermal diese Dienste mir zu befehlen. Es wäre eine wunderliche Sitte, wenn ein Arzt, der einmal Jemanden wiederherstellte, ebendarum von nun an alle und jede Kranken behandeln müßte, welche Jener ihm anwiese. So würden wir ja unsere Patienten zu unsern eigenen Despoten machen, und der Lohn für unsere Mühe wäre, daß wir fortan ihren Befehlen unterthänig zu Willen seyn müßten. Ließe sich etwas Ungereimteres denken? Weil ich dich von einer schweren Krankheit wiederherstellte, darum meinst du über meine Kenntnisse, wie über dein Eigenthum verfügen zu dürfen?

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 794. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0794.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)