Seite:Lucians Werke 0800.jpg

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32. So steht es denn, mein Vater, um deine Gattin. Ich sage es dir als Ergebniß genauer Beobachtung: es wird nicht besser mit ihr werden, und wenn wir ihr jenen Heiltrank hundertmal eingäben. Es wäre also sehr überflüssig, auch nur den Versuch zu machen; du müßtest denn mich absichtlich zu einer unglücklichen Cur nöthigen, und um meinen guten Ruf mich bringen wollen. Laß mir lieber den Genuß, von meinen Kunstverwandten mich beneidet zu sehen. Solltest du übrigens nichts desto weniger darauf bestehen, mich zum zweitenmale zu verstoßen, so werde ich dir gleichwohl, obschon von aller Welt verlassen, nichts Böses wünschen. Und wenn – was die Götter verhüten mögen – deine Krankheit wiederkehren sollte, ein Fall, der bei einem so aufgereizten Zustande sehr leicht möglich ist, was würde ich thun? Sey gewiß, auch dann würde ich wieder dein Arzt seyn; und nie werde ich aus der Stellung treten, welche die Natur dem Sohne angewiesen, nie, so viel an mir ist, der Bande des Blutes vergessen, welche uns vereinigen. Und so darf ich doch wohl zuversichtlich hoffen, wenn ich dich werde wieder hergestellt haben, auf’s neue von dir angenommen zu werden? Aber hüte dich immer: indem du so verfährst, ziehst du dir deine Krankheit selbst herbei, und weckst das schlummernde Uebel wieder auf. Kaum vor wenigen Tagen von einem so schrecklichen Zustande genesen, greifst du dich so heftig an, schreist, und, was das Schlimmste ist, erzürnst dich, regest Groll und Haß in dir auf, bestürmest die Gerichte. – O wehe, wehe, Vater! Gerade Das war auch das Vorspiel deiner ersten Verrücktheit!

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 800. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0800.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)